Tanzschulen erleben derzeit eine echte Renaissance
Altbacken? Spießig? 50er-Jahre-Flair? Mitnichten. Quickstep, Cha Cha Cha oder Charleston: Es wird wieder getanzt. Teenies lernen Videoclipdancing oder Breakdance. Bei Zwanzigern und Dreißigern sind Swing und Salsa angesagt. Die älteren Generationen schieben sich zum Tango Argentino oder langsamen Walzer über das Parkett. Und Discofox geht immer, für alle.
Jürgen Ball, Leiter der Tanzlehrerakademie des Allgemeinen Deutschen Tanzlehrerverbandes, berichtet, dass die Tanzschulen derzeit eine echte Renaissance erleben: „Der verknöcherte Ansatz mit Etikette und Co., den gibt es seit über 20 Jahren nicht mehr. Aber jetzt sickert es erst langsam auch nach außen.“ Klar ist für den Tanzlehrer auch: Die Enkel der 68er-Generation legen wieder mehr Wert auf Konventionen und traditionelle Werte und wollen sich auf gesellschaftlichem Parkett elegant bewegen können. Zwar würden Tanzschulen von Hip-Hop über Rollator-Tanz oder den durch „Babylon Berlin“ wieder populär gewordenen Charleston viel anbieten: Das Kerngeschäft bleibe aber die Ausbildung in den klassischen Standardtänzen.
Den Trend bestätigen auch Lüneburger Anbieter. Viele Neukunden von Kindern bis Erwachsenen verzeichnet die Tanzschule Tanzkult. „Tanzen kommt. Das liegt auch mit an den ganzen Tanzshows im Fernsehen wie „“, sagt Tanzlehrer Mirco Gerdau von der Tanzschule Tanzkult.
Henning Koop, Inhaber der Tanzschule Beuss bekräftigt: „Wir haben aktuell etwa 10, 15 Prozent mehr Zulauf als im Vorjahr.“ Kurse mit Standard- und Lateingesellschaftstänzen seien gut besucht, aber auch Sonderkurse. „Der Lindy Hop ist wieder absolut im Trend, ein Tanz der 20er/30er-Jahre“, sagt Koop, „und auch der West Coast Swing, der heute zu R&B getanzt wird – in den Staaten im Moment einer der stärksten Tänze.“
Auch die Tanzsportfreunde Lüneburg können sich über mangelnden Zuspruch nicht beklagen, so Vorstandsmitglied Karsten Meyer, der Gründe für den Boom ausgemacht hat. So unterschreibt er Balls Aussage, dass die junge Generation wieder mehr Wert auf Traditionen legt: „Relativ viele junge Leute zwischen 25 und 35 Jahren entscheiden sich, nochmal mit dem Tanzen anzufangen, belegen auch wieder die Hochzeitstanzkurse. Das war in den vergangenen 20, 30 Jahren gar nicht mehr so angesagt.“ Viele Paare hegten den Wunsch nach Gemeinsamkeiten in der Freizeit: „Tanzen bringt eine neue Qualität in die Beziehung. Es kann dafür sorgen, dass Beziehungen tiefer und intensiver werden, denn man muss sich stärker aufeinander einlassen, als sonst im Leben.“
Diesen Trend bestätigt auch Günter Schadt, der Vorsitzende der Tanzsportabteilung des VfL Lüneburg. Langsamer Walzer, Wiener Walzer, Discofox und Tango Argentino seien sehr gefragt. „Die Mitgliederzahlen steigen. Zu uns kommen vor allem Ältere, die wieder mehr Zeit haben, weil die Kinder aus dem Haus sind, und gemeinsam Sport machen möchten.“