Marlene Sokoll und Uwe Knapp sind leidenschaftliche Schrebergärtner
Wenn Marlene Sokoll und ihr Lebensgefährte Uwe Knapp nach einer kräftezehrenden Schicht in ihren Pflegejobs in ihrem Schrebergarten im Kleingartenverein Kirchsteig ankommen, fällt im Nu jede Hektik, jeder Stress von ihnen ab. Rein in die Gartenkluft und ab in die Beete. Setzlinge pflanzen, Sträucher schneiden, Unkraut jäten, Gemüse ernten – das erfüllt die beiden. In der Saison verbringen sie einen Großteil ihrer Zeit, oft vier Tage die Woche, in ihrer kleinen grünen Oase, die genau in der Mitte ihrer beiden Wohnungen liegt. Sie beackern einen Nutzgarten, werkeln am Häuschen oder trinken Kaffee auf der Sonnenterrasse. „Es ist die pure Entspannung“, sagt Marlene Sokoll, „hier klingelt kein Telefon, wir sind aus allem raus.“
Aspekte, die nicht nur sie zu schätzen wissen. Galt der Schrebergarten lange als Inbegriff der Spießigkeit, „ich habe mich anfangs gar nicht getraut, zu sagen, dass ich einen habe“, so Marlene Sokoll, ist das Kleingartenwesen heute im Wandel. In Deutschland werden laut Zahlen des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde rund 900 000 Kleingärten von fünf Millionen Menschen genutzt. Allein in Niedersachsen sind rund 26 000 Menschen in den Regionalverbänden organisiert. Besonders in großen und wachsenden Städten werden Kleingärten immer beliebter, zu dem Schluss kommt eine aktuelle vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung in Auftrag gegebene Studie.
Marlene Sokoll träumte schon früh von einem eigenen Garten. In ihrer Etagenwohnung mit Balkon pflanzte sie Tomaten und Balkonblumen an. Aber das reichte irgendwann nicht mehr. Aufgewachsen mit Eltern, die einen riesigen Nutzgarten unterhielten, sehnte sie sich nach einem Platz als Ruhepol und Ausgleich zum Job. Als sich ihr vor 20 Jahren die Chance bot, weil eine Arbeitskollegin ihren Garten abgeben wollte, griff sie zu.
Auch als sie vor elf Jahren ihren Uwe traf, war der Lüneburgerin ihr Schrebergarten etwas peinlich: „Weil manche die Nase rümpfen. Aber es kann halt nicht jeder ein Haus mit Garten haben.“ Mit Uwe allerdings hatte sie einen Glückstreffer gelandet. Auch er ist auf dem Land aufgewachsen, und vermisste die Naturnähe. „Er stürzte sich sofort begeistert in die Gartenarbeit, hat mir so buchstäblich den Hof gemacht“, erinnert sich Marlene Sokoll. „Ich liebe die Ruhe hier“, bekräftigt ihr Partner, „vor allem abends herrscht hier absolute Stille.“
In ihrem Alltagsparadies ergänzen die beiden sich gut. Sie kümmert sich um die Blumen, er ums Gemüse, den Rasen und die Instandhaltung der Hütte. Neues Dach, neuer Boden, neue Vertäfelung – „hier ist immer was zu tun“, so Uwe Knapp. Nur übertreiben sollte man es nicht, das hat der Garten sie gelehrt. Sich das Unkraut zum Freund machen, ist die Devise. „Wer versucht, Giersch zu bekämpfen, verzweifelt.“ Das gehe dann zu Lasten der Entspannung.
Kartoffeln, Tomaten, Zwiebeln, Beeren, Erbsen, Bohnen, Salat, Kräuter, Mirabellen, Zucchinis, Äpfel, Birnen, Fenchel, Mangold, Karotten – hier wächst, was der Wochenmarkt hergibt. Die beiden kochen Marmelade, entsaften, machen ein, verarbeiten vieles sofort. Auch etwas, was Marlene Sokoll und Uwe Knapp von ihrem Garten gelernt haben: eine höhere Wertschätzung für Lebensmittel: „Manchmal frage ich mich, warum wir das tun, wenn ich sehe, was ein Beutel Kartoffeln im Supermarkt kostet, und wie viel Mühe, Zeit und Arbeit wir hier reinstecken.“